editorial
Transparenz ist ein inspirierendes Konzept. Es führt zu Abstraktion, stimuliert erhabene Gefühle und Ideale. Es kann als ein führendes Parameter für die Sozialwissenschaft (Ish-Shalom) angesehen werde, und sicherlich stellt es ein grundlegendes Element der Gegenwartskunst dar (Bruciati). Trotzdem ist die Umsetzung von Transparenz in die Realität komplexer als man auf den ersten Blick meinen möchte.
Die rechtliche Bedeutung von Transparenz – also im Sinne transparenter gesetzlicher Verfahren – spielt eine fundamentale Rolle in der Entwicklung des modernen Rechtssystems. Je heikler die politischen Probleme sind, desto entscheidender ist ihre transparente Lösung – ein prägnantes Beispiel hierfür ist die Rückführung illegaler Emigranten in ihre Ursprungsländer (Cassarino). Nur durch deutlich geregelte Rechtsverfahren kann die korrekte Anwendung von Gesetzen und die Anerkennung von Menschenrechten gewährleistet werden.
Seit Beginn des letzten Jahrhunderts haben Architekten den Traum von transparenten Gebäuden aus Glas verfolgt – mit Sicherheit eine fantastische Vision, eine technische und konzeptionelle Herausforderung. Tatsache ist, dass das Ideal von transparenter Architektur soziale und politische Werte in hohem Maße einbezieht (Benjamin and Yang, Jarosinski). Unsichtbare Fassaden erlauben einen Blick auf Innenräume und lassen damit eine unbegrenzte Erweiterung der öffentlichen Sphäre zu (D’Hooghe).
Unter unseren Autoren befinden sich auch einige, die dem Konzept von Transparenz als bloßer Sichtbarkeit kritisch gegenüberstehen – besonders in unserer globalen Welt, in der alles erreichbar scheint (Dianina). Schwierigkeiten sind mit dem mächtigen Medium des Kinos verbunden: Die Filmkunst ist wahrscheinlich nichts als der Versuch, die exakte Reproduktion der Wirklichkeit zu überwinden (Gasparini). Schließlich ist es ein für die Kunst typisches Paradox, dass man, um Transparenz zu erreichen, deren Gegenteil benötigt: Undurchsichtigkeit! (Fordyce)