A Privileged Source of Information
 
 

Editorial

Laura Di Gregorio

 

Wer kann behaupten, in Einklang mit dieser Welt zu sein?

 

Unsere Suche nach Harmonie ist ein verständliches Bedürfnis, aber sie ist gewiss kein leichtes Unterfangen. Wir befinden uns – direkt oder mit etwas mehr Glück indirekt – in Kriegen, ökologischen Desastern, hoffnungslosen Schicksalen, Krankheiten, Ungerechtigkeiten … etc. Man könnte meinen, das sei nichts Neues unter der Sonne. Dennoch ist da ein merkwürdiges Gefühl, das diesem Jahrhundert eigen ist: eine gewisse Fassungslosigkeit, ein irritierender Mangel an originellen Vorschlägen.

 

Um mit dieser Art hyper-globalen Bewusstseins klarzukommen, brauchen wir ganz spezielle Mittel. Sowohl eine äußerst individualistische Herangehensweise als auch das alternative Massenphänomen zeigen ihre Schwächen, ihre Gewalttätigkeit und vor allem ihre Nutzlosigkeit. Gehen wir davon aus, dass wir weder einer fanatischen politischen Gruppierung noch irgendeiner radikalen religiösen Bewegung angehören wollen; nehmen wir einmal an, dass wir nicht verrückt nach Mode sind – nur für einige Sekunden! –, nicht nach lauten Marketingstrategien noch nach tibetanischer Meditation. Was steht uns dann noch zur Verfügung?

Diese Frage könnte der Ausgangspunkt für die beiden literarischen Beiträge sein: Charles Dantzig antwortet mit scharfer Ironie; Najwa Barakat im Nachspüren der Wege einer existenziellen Suche nach inneren Sätzen.

Tatsächlich ist tuning - (ab)stimmen eine Metapher für ein besonderes Talent, das in unserer komplexen Gesellschaft mehr und mehr gefragt ist: eine Art von Konstrukteurs-Geist. Etwas abzustimmen erfordert eine hohe Sensibilität, bedeutet empfänglich zu sein, Nuancen würdigen zu wissen und feine Unterschiede – ganz so wie die Hi-Fi Technologie, die Denis Morecroft beschreibt.

Sich selbst zu stimmen bedeutet nicht eine zwanghafte Suche nach Modernität um jeden Preis. Es genügt Ralf Dahrendorfs Interview zu lesen, um über die spürbare Rolle nachzudenken, die Persönlichkeiten der Vergangenheit gespielt haben. Und dies gilt natürlich ebenso für jede historische Untersuchung – wie für das Beispiel der Geschichte des cooee-Klangs in der Musik Australiens.

 

Tatsächlich ist das Faszinierendste an jeder Art von Stimm-Prozess seine offene Struktur. Viel mehr als nur ein rein technischer Vorgang offenbart der Versuch, mit der Welt in Einklang zu sein, die größte Leidenschaft, nämlich: unverblümt die furchtbaren Dilemmas der Menschheit anzuschauen und dennoch zu versuchen, sie zu lösen.